Geh doch dahin, wo der Pfeffer wächst. Wenn einer weiß, wo das ist, dann ist es Jörg Günther. Der Gewürzhändler mischt in seinem kleinen Laden an der Güldenstraße nicht nur einmalig duftende Currys, bietet dickflüssige Essigsorten, verschiedene Öle und berät zu allerlei feinen Gewürzen. Er veranstaltet auch Food-Events. Unter anderem Pfeffer- und Salzverkostungen. Die Kaviarkanone war dabei und so viel sei schon verraten: Pfeffer kann was. Und wir wissen jetzt auch, wo er wächst.
Aber zunächst zu Jörg Günther. Er ist in seinem Leben viel rumgekommen. Und das tut nicht nur der Weltanschauung gut, sondern auch dem kulinarischen Horizont. Als Kind oft in Asien unterwegs, entwickelte er allmählich eine Leidenschaft für die geschmacksintensive Küche und lernte viel über Gewürze. Der Wunsch nach einem eigenen Laden wuchs.
Seit zwei Jahren nun ist die Güldenstraße 2 die Adresse der Gewürzmanufaktur und Jörg Günther hat sich seinen Traum erfüllt. Aber man muss schon ganz genau hinschauen, um sein Ladenschild neben dem großen Haus zur Hanse, in dem das Ox Steakhouse beheimatet ist, zu sehen. Dezent steht über der weißen Eingangstür Temperos Gewürzmanufaktur. Wer den Laden betritt, wird von intensivem Duft begrüßt. Mal ist es Zimt, mal ist es Curry. Je nachdem, was Jörg Günther gerade für die kleinen Döschen zusammenmischt. In den schwarzen Regalen reihen sich die blauen und roten Temperos-Dosen aneinander: Ägyptische Minze, Berberitzen, Bird Eyes Chilis, Hickory Rauchsalz, arabisches Kaffeegewürz…
Jörg Günther ist übrigens ein Tiefstapler. Er kocht, als würde ihn jeden Tag die Gewürzmuse küssen, und kündigt die Gerichte in seinem Pfeffer- und Salz-Event lapidar als „Snacks“ an. Das ist wahrlich eine Untertreibung. Kommen wir also zur Pfeffer- und Salzverkostung.
Wir sitzen an einem langen Tisch auf dem verschiedene Schalen mit Salzkristallen und Gläser mit Pfefferkörnern und Schoten aufgereiht sind. An jedem Platz ein Blatt Papier und ein Stift. Auf dem Zettel stehen acht Pfeffer- und vier Salzsorten. Durstig soll auch keiner der Gäste nach Hause gehen: Es gibt herrlichen Weißwein des renommierten und preisgekrönten Stahl Winzerguts aus Auernhofen. Wir beginnen mit Voatsperifery Urwaldpfeffer, der letztlich mein persönlicher Lieblingspfeffer des Abends wird. Aus Madagaskar stammend, wirft sein Strauch bei der Ernte nur sehr wenig ab, sodass die Preise dementsprechend sind. In kleine Schälchen verteilt Jörg für jeden ein paar Körner und erstmal dürfen wir riechen. Der Voatsperifery Urwaldpfeffer (wer das drei Mal fix hintereinander fehlerfrei ausspricht, ist schon mal nicht schlecht) riecht zimtig, aber auch nach Gewürzgurke und man ahnt schon: Das könnte gleich kitzeln auf der Zunge. Tut es auch, nachdem wir geräuschvoll die Körner zerbeißen und auf den Schmerz warten. Denn die Schärfe von Pfeffer tut weh, kurz und intensiv. Jörg sagt: Der Schmerz ist ein Muskelreflex, der trainiert werden kann. Wir lernen: Pfeffer- und Chili-Schärfe sind nicht zu vergleichen. Chili brennt nach, Pfeffer nicht. Und richtig: Schnell erholt sich der Gaumen von der Schärfe und was bleibt, ist der intensive Geschmack des Urwaldpfeffers.
Apropos: Die Pfefferkörner sind die Früchte der Pfefferpflanze. Das ist eine verholzende Kletterpflanze die an Bäumen und Stützpfählen heranwächst. Es gibt grünen, schwarzen, weißen und roten Pfeffer. Das ist ähnlich wie bei Paprikaschoten abhängig vom Erntezeitpunkt und der anschließenden Trocknung. Übrigens vieles, was wir als Pfeffer kennen, ist gar kein echter Pfeffer. So erklärt uns Jörg, dass der rosa „Mädchen“-Pfeffer gar kein echter Pfeffer, sondern die Frucht des brasilianischen Pfefferbaums. Geschmacklich weit hinter den Aromen echten Pfeffers, aber macht optisch eben was her. Zur Probe schieben wir uns die rosa Teilchen in den Mund und tatsächlich: süßliche Schale, bitter scharfer Kern.
Pfeffer kommt ursprünglich aus Indien und verbreitete sich dann weiter nach Malaysia, Indonesien, Brasilien und Vietnam. Auch Kambodscha baut mittlerweile echten Pfeffer an. Andere Länder haben es jedoch schwer, denn der Strauch wächst nur unter besonderen klimatischen Gegebenheiten. So viel dazu.
Der Pfeffer ist ganz klar der Star der Veranstaltung, doch das Salz sorgt für einige Diskussionen: Das dänische Buchrauchsalz beispielsweise schmeckt derart geräuchert, dass sofort Überlegungen stattfinden, welchen Fisch man damit am besten servieren könnte. Das Murray River Salt stellt Jörg uns als Tischsalz des benachbarten Ox Steakhouse vor und wir erkennen eine leichte Aprikosennote. Und merken: Auch Salz kann beeindrucken. Was noch beeindruckt: Der Neutralisierer zwischen den Gängen: Zitronen in Olivenöl.
Nach dem Voatsperifery Urwaldpfeffer reicht uns Jörg auf kleinen weißen Tellern den ersten Snack: Pute mit gepfefferter Kräuterbutter und Weißbrot. Die Pute ist mit arabischem Kaffeegewürz mariniert und mit einer Balsamicoreduktion beträufelt. Andächtiges Schweigen. Die Kräuterbutter macht sich gut auf dem Weißbrot und bei jedem zweiten Biss kommt der Voatsperifery Urwaldpfeffer durch.
Wir machen weiter mit Malaguetta Pfeffer, Kubebenpfeffer, Szechuanpfeffer, Kongo-Pfeffer und tasmanischem Bergpfeffer (den Jörg als Steakpfeffer empfehlen würde durch seine fruchtige Note). Wir lernen, dass Pfeffer ein End-Gewürz ist. Das heißt immer zum Schluss mit Pfeffer würzen, denn nach kurzer Zeit verfliegt das Aroma. Wir schnuppern an Pfefferfrüchten, die nach Früchtetee oder etwas muffig riechen, die auf der Zunge brennen und im Abgang die Nase frei machen. Keiner der Gäste hätte bis zur Verkostung gedacht, dass dieses schwarze (oder grüne, oder weiße) Körnchen so vielseitig und überraschend sein kann. Zu den Pfeffern schenkt uns Jörg Wein nach und tischt uns die herrlichsten Snacks, wie er sie nennt, auf: Frischkäse auf Pumpernickel mit Mandelkrokant (mein persönliches Geschmackshighlight), Obstsalat, in Rotwein gekochte Feigen mit Mascarpone, Roastbeef mit Papayamarmelade, afrikanischer Pfeffertopf mit Rindfleisch, gebratener Chicoree mit Orangenvinaigrette… alle Snacks sind köstlich mit dem jeweiligen Pfeffer abgeschmeckt wahrlich geschmackliche Überraschung.
Pappsatt und mit viel Wissenswertem ausgestattet, plaudern wir gemütlich bei einer weiteren Flasche Wein nach der Verkostung noch ein bisschen, bevor alle mit einem kleinen Gläschen der verschiedenen Pfeffer, die wir probiert haben, nach Hause gehen. Jörg bietet in seinem kleinen, aber sehr feinen Laden auch im nächsten Jahr einige Food-Events an. Auch die Pfefferverkostung wird es wieder geben, und wem Schärfe kein Werk des Teufels ist, dem kann ich dieses Event wirklich ans Herz legen.
Temperos Gewürzmanufaktur
Güldenstraße 2
38100 Braunschweig
info@temperos.de
Montags bis freitags 13 bis 19 Uhr
Samstags 10 bis 15 Uhr
Events
17.01. BBQ
07.02. Brasilianischer Abend
21.02. Pfeffer & Salz Event
07.03. Der perfekte Burger
21.03. Curry-Event
11.04. Fisch-Event
25.04. Gewürze der Welt
09.05. Brasilianischer Abend
30.05. Curry-Event
13.06. Pfeffer & Salz Event
27.06. Exotic BBQ
Und oben drauf gibt es jetzt noch Jörgs Rezept für den afrikanischen Feuertopf, der gut von innen wärmt durch den feurigen Kongo-Pfeffer und mit der leichten Rotwein-Note perfekt in die Jahreszeit passt.
Jörg fügt noch hinzu, dass man statt der Berbere Mischung auch je 1 TL Nelken, Muskat, Kardamom, Kreuzkümmel und Piment vermahlen und dazugeben kann. Auch das Senföl lässt sich durch ein jedes andere Öl ersetzen. Nun aber: Bon appétit!
3 Antworten zu “Pfefferverkostung im Temperos, der Gewürzmanufaktur”
Danke Dir für den wunderbaren Bericht. Pfeffer ist nunmal eine aromatische Sache.
Lieben Gruß
Jörg Günther
Temperos
Sehr schöner Beitrag!
Hallo Ihr 3,
wenn ich das nächste Mal in Braunschweig bin, werde ich dem Temperos auf jeden Fall einen Besuch abstatten! Ein echt schöner und gepfefferter Bericht!
Habt eine schöne Weihnachtszeit,
liebe Grüße
Tanja